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Aus dem Vollen schöpfen – welch ein Wunder!

| Falk Schöller |

Impuls zu den Wundern im Johannesevangelium – Feierabend komm!

Ihr Lieben,
habe ich euch eigentlich schon gesagt, dass ich Wunder liebe?
Nicht diese großen Wunder, für die man weiß Gott was braucht.
Sondern die kleinen Wunder.
Für die man nichts braucht, außer einen ganz wunderbaren und wundervollen Glauben.
Das aus etwas ganz gewöhnlichem etwas ganz außergewöhnliches geschieht.
Eine solch wunderbare und wundervolle Geschichte haben wir schon gehört.
Aus Waschwasser wird Wein.
Aus den Krügen, aus denen sonst das Wasser zur Reinigung fließt, fließt jetzt der Wein.
Und was für einer. Ein ganz wunderbarer Wein.
Sage nicht ich. Sagt der Kellermeister.
Und der muss es wissen. Der Weinkenner.
Unglaublich. Sagt er. Ein wunderbarer Wein aus Waschwasser.
Nicht zu glauben, glauben Sie?
Glauben sie mir, es geht noch besser.
 
Eine Stadt, ein Feld, ein Brunnen.
Dazu der Mann, Jesus, der sich, von der Reise ermüdet,
auf den Brunnenrand setzte,
Mittagszeit. Er allein.
Da kam eine Frau aus Samarien auf ihn zu,
um aus dem Brunnen Waser zu schöpfen.
„Gib mir zu trinken.“
„Wie?“, fragte die Frau. „Du – ein Jude! –
bittest mich, die ich aus Samarien bin,
um einen Schluck Wasser.
Weißt du nicht, dass es keine Gemeinschaft
zwischen Juden und Samarien gibst.
Da sagte Jesus zu ihr: „Wenn du – nur du – erkennst,
was Gott dir schenken will,
wenn du – du aus Samarien! – wüßtest,
wer der Jude ist, der zu dir sagt: ‚Gib mir zu trinken‘
du tauschtest unverzüglich die Rollen, bätest den Juden:
‚Gib mir zu trinken‘,
und er gäbe dir Wasser aus einer Quelle,
das rein uns klar ist – lebendig!“
„Das ist unmöglich“, sagte die Frau, „du hast keine Kelle
und keinen Strick, an dem du sie herablassen kannst.
Der Brunnen ist tief – weit unten das Wasser,
lebendig, wie du sagst, aber du kannst es nicht schöpfen.
„Wer vom Wasser dieses Brunnens trinkt“, sagt Jesus,
„ist rasch wieder durstig.
Wer aber das Wasser kostet, das ich ihm schenke,
wird eine Quelle werden,
die sich tief im Innern bewegt
und unentwegt flutend das ewige Leben verbürgt,
dem es entgegenströmt.“
 
Ist das, Ihr Lieben,
nicht wunderbar und wundervoll.
Das erste Wunder, bei der Hochzeit. Der Wein geht zur Neige.
Das Fest wäre aus. Nichts ginge mehr. Rien ne va plus.
Alle wären blamiert, beschämt.
Und Jesus? Wasser wird zu Waschwasser. Normalerweise.
Jetzt wird Wasser zu Wein.
Das Fest geht weiter. Alle sind fröhlich.
Wunderbar und wundervoll.
Es braucht nur Wasser – und einen wunderbaren Glauben.
Das nichts ist, wie es scheint.
Alles ist möglich, dem der glaubt.
 
Ist das, ihr Lieben,
nicht wunderbar und wundervoll.
Das zweite Wunder, am Brunnen. Mittagshitze.
Der Brunnen tief, Jesus kann nicht schöpfen.
Die Frau aus Samarien, sie darf nicht schöpfen.
Nicht für einen Mann, nicht für einen Juden.
Miteinander reden ist verboten, jedes Wort zu viel.
Doch dann: ein Wortwechsel.
Ohne Scheu. Ohne Scham.
Die Worte der Frau: bestechend und einfach.
Ohne Kelle kein Wasser.
Die Worte Jesu: bestechend und einfach.
Lebendiges Wasser. Einmal getrunken. Für immer genug.
Das Wunder: die Quelle ist, auf einmal, in dir.
Die Quelle: du selbst.
Aus der kannst du schöpfen.
 
Wasser und Wort – so einfach sind Wunder möglich.
Alles ist möglich, dem der glaubt.
Jesus glaubt Gott.
So sehr, dass zwischen ihn und Gott kein Blatt passt.
So sehr, dass Jesus und Gott gleich scheinen.
Jesus, Mensch Gottes, Gottes Mensch.
Wie wunderbar. Wie wundervoll.
 
Ich bin begeistert. Und möchte auch so aus dem Vollen schöpfen.
Wasser reicht. Und Worte.
Und dann sind Wunder möglich. Glaube mir. Das reicht.
Um das Leben zu feiern – und die Liebe.
Um das Leben zu teilen – und die Hoffnung.
 
Weniger ist mehr. Wir hören heute Klavier. Seht doch, wie einfach.
Es ist nur schwarz und weiß. Weiß, schwarz, weiß, schwarz, weiß, weiß, schwarz.
Es ist nur schwarz und weiß. Und doch so wunderbar.
Wenn man das Weiße und das Schwarze in der richtigen Reihenfolge, im richtigen Rhythmus, im richtigen Anschlag spielt.
Wie wunderbar. Wie wundervoll.
 
Und der Computer. Da ist alles nur Null und Eins. Eins und Null.
Wenn man die Eins und die Null nur in eine richtige Reihenfolge bringt, dann ist alles möglich.
Wie wunderbar. Wie wundervoll.
 
Überhaupt ist wundervolles oft ganz einfach. Braucht nicht viel.
Aus einem Pinselstrich schafft Picasso Kunst.
Ein blaues Quadrat auf weißer Leinwand. Große Kunst.
Bauhaus. Einfache Prinzipien, klare Ordnung. Wunderbar einfach. Einfach wunderbar.
Ein Restaurant in der Vendée. Der Fisch frisch auf den Tisch.
Wunderbar einfach. Einfach wunderbar. Drei Sterne. Weltklasse.
Ganz einfach. Braucht nicht viel. Wunderbar. Wundervoll. Wunder sind einfach.
 
Weil es einfach wundervoll ist, schrecken Mächtige davor zurück.
Machen es kompliziert. Und schwierig.
Vor dem Einfachen haben sie Angst.
Vielleicht haben wir deshalb auch Angst vor Donald.
Der es sich einfach macht.
Der Krieg. Ein Ende. Ist einfach. Wäre ein Wunder. Aber mit Macht geht es einfach nicht.
Wenn es nicht einfach geht, machen Mächtige einfach dem Einfachen ein Ende.
Nennen es entartet. Verbieten es. Einfache Wunder wollen sie nicht.
Nennen Menschen Illegale. Menschen mögen sie einfach nicht.
Vielleicht haben wir deshalb auch Angst vor Donald.
Weil er wunderbar einfache Menschen nicht mag.
Angst auch vor Alice. Die wäre gerne im Wunderland.
Aber wir würden mit ihr nur ein blaues Wunder erleben.
Menschen mag sie einfach nicht. Das ist in Deutschland illegal.
Ihr Wunderland ist einfach nicht schön.
Lasst sie in Deutschland nicht regieren.
Das wäre hässlich. Führt aus Hass zum Hass.
Hass ist kein Wunder.
 
Doch zurück zum Schönen. Zum wunderbar Einfachen.
Zu den Wundern, für die es nicht mehr braucht. Als Wasser. Als Worte.
Wenn beides zusammenkommt, wunderbar.
Ich taufe dich. Auf den Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes, des Geistes. Amen.
Ihr Lieben. Das gilt. Euch.
Du bist getauft. Mit Wasser und Wort.
Ab jetzt, Achtung. Ich verrate ein wunderbares Geheimnis.
Dir ist alles möglich.
Wenn du glaubst.
Wunder geschehen.
Wir hören diese Wunder, schwarz auf weiß, heute.
Schöpfen mit den Tasten aus dem Vollen.
Danke für die wunderbare Musik.
 
Wir sehen diese Wunder.
Nur kurz. Da ist mein Vater. Er sah schlecht. Grauer Star.
Eine Operation. Ganz kurz nur. Und dann eine Verwandlung.
Er sieht gut. Wie ein Star.
Wunder geschehen.
Danke für die wunderbare Medizin.
 
Wir hören diese Wunder.
Am Telefon. Eine Frau verzweifelt. Ein Wortwechsel, am Ende einer langen Sitzung, und sie ist am Ende. Sie will an diesem Arbeitsplatz nicht bleiben. Sie muss an diesem Arbeitsplatz bleiben. Sie ist alleinerziehend. Braucht das Geld.
Ich höre mir ihre Worte an. Dann antworte ich:
„Ich habe dich gehört. Was für eine Frage soll ich dir stellen – damit du nicht länger verzweifelt bist?“
Sie schweigt.
Dann sagt sie: „Was muss sich ändern, damit ich hier nicht länger am Ende bin?“
Und dann sprudelt sie los.
Sie weiß es, genau, aber sie hat die Quelle in sich nicht gefunden.
Bis jetzt. Jetzt aber findet sie Worte, gewinnt sie ihre Fassung wieder, die Ohnmacht löst sich auf, gibt es Wege aus der Sackgasse.
Am Ende. Erleichterung. Kraft. Lösung. Nächste Schritte. Sie sieht jetzt klar, wo sie vorher nur die Sackgasse, das Ende gesehen hat. Erst ohne Ausweg. Das ist jetzt aus. Weg.
Wunder geschehen.
Danke für das wunderbare Gespräch.
 
Wenn es so einfach ist, warum braucht es dann Jesus?
Um aus Waschwasser Wein zu machen.
Um die Quelle zu entdecken, aus der wir aus dem Vollen schöpfen können.
Um zu sehen, wie es, ganz einfach, wunderbar und wundervoll sein kann.
Ich bin getauft. Auf seinen Namen.
Das ist einfach so wunderbar, weil die Quelle in mir ist, weil ich selbst zur sprudelnden Quelle werden kann, weil auch durch mich wunderbares und wundervolles geschehen kann.
 
Das ist uns verheißen. Zugesagt. Versprochen.
Ich bin sicher: Wunder geschehen. Unter uns. Ganz einfach.
Es braucht nur Ohren, zu hören,
und Worte, zu sagen.
Gott traut uns das zu.
Ist Mensch geworden. Ist Wort geworden.
Ist unser Mensch, unser Wort geworden.
Glaubst du das?
Wenn ja, auch das wunderbar, wundervoll.
Schöpfen wir daraus.
Heute und alle Tage. Amen.
 
 
Gebet
Gott, wir sind getauft. Einfach mit Wasser. Mit einfachen Worten.
Du bist die Quelle des Lebens. Du bist du bist die Quelle unseres Lebens. Aus dir schöpfen wir, Tag für Tag.
 
Aus dir, Gott, schöpfen wir, das rechte Wort zur rechten Zeit.
Mit dem sich Wege auch aus Sackgassen eröffnen, das Festgefahrenes löst, das Trauer in Freude verwandelt. „Fürchte dich nicht. Ich bin bei dir. Ich löse, was dich gefangen hält. Du bist frei.“
Aus dir, Gott, schöpfen wir, aus deinen Worten, das rechte Wort zu rechten Zeit.
Wir bitten dich:
Gib uns die richtigen Worte für die Menschen, die auf ein gutes Wort angewiesen sind. Ich denke an Menschen, die eine schlechte Nachricht empfangen haben. Ich denke an die Menschen, die sich guten Nachrichten verschließen. Ich denke an Menschen, bei denen Worte vieles zerstört haben. Ich denke an Menschen, deren Worte vieles zerstören.
Gott, wir vertrauen auf dich und dein Wort. Lass uns aus dem Vollen schöpfen.
 
Aus dir, Gott, schöpfen wir, das rechte Wort zur rechten Zeit.
Jesus hat gesagt: In der Welt habt ihr Angst.
Und wahrlich, es ist vieles zum Fürchten in diesen Tagen.
Ich spüre, wie sich die Furcht ausbreitet, auch auf unseren Straßen, auch in unseren Städten. Wir sind uns nicht mehr sicher.
Manchmal suchen wir nach einfachen Losungen, einfachen Parolen, einfachen Lösungen. Als ob es dann einfach besser würde.
Jesus hat gesagt: In der Welt habt ihr Angst. Die Angst gehört zum Leben, das hat er gesagt. Und doch war das nicht das letzte Wort.
Seit getröstet und seid getrost: ich habe die Welt überwunden.
Wir bitten dich: Wo immer es Grund gibt, sich zu fürchten, wo immer Furcht und Schrecken sich ausbreiten, wo immer Menschen in fürchterlichen und schrecklichen Lebenslagen sich befinden: gib uns ein Wort, das tröstet. Gib uns das Wort, das aufrichtet. Gib uns das Wort, das Zuversicht auslöst. Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn. Alle Träume werden wahr.
 
Gott, du hast gesagt: Wir werden sein wie die Träumenden. Gib uns heute schon den Traum, dass wir aus deiner unerschöpflichen Quelle schöpfen. Lass uns hoffen und vertrauen, glauben und lieben. Heute und alle Tage. Amen.