Barmherzig wie Nikolaus
Impuls zum 6. Dezember – barmherzig wie Nikolaus
Haben Sie etwas geerbt? Geld oder Gut? Güter und Güte?
Wenn sie etwas geerbt haben, dann meistens beides.
Materie, Materielles. Ein Haus, ein Grundstück. Ein Vermögen.
Aber auch Immaterielles. Das Vermögen, etwas aus sich zu machen.
Talent. Im Griechischen doppeldeutig.
Ein Talent. 60 Kilogramm. Aus Gold oder Silber. Ein Vermögen.
Ein Talent. Eine Begabung. Aus der Gold oder Silber entstehen kann. Ein Vermögen.
Ein Talent ist immer ein Potenzial.
Ich kann etwas daraus machen.
Talent und Talent, materiell und immateriell, gehen sehr oft zusammen.
So sagen es die Sozioökonomen. Die haben das untersucht.
Talente zu erben, zu bekommen, zu haben, das hat sich keiner verdient.
Aus seinen Talenten etwas zu machen, das dient anderen.
Aus seinen Talenten nichts zu machen, das dient anderen nicht.
Keine Talente zu erben, nicht zu bekommen, nichts zu haben, das hat keiner verdient.
Aber das gibt es.
Keine Talente zu haben, nichts zu haben und nichts aus sich zu machen.
Das gibt es. Leider.
Von einer ganz talentfreien Familie will ich erzählen.
Sie hat nichts. Und sie kommt zu nichts.
Das Leben ist hart. Das Klima ist hart.
Trocken geblieben ist der Boden. Dürre Zeiten.
Trocken geblieben ist der Verstand. Dürre Zeiten.
Vor lauter Dürre haben viele ihren Dienst eingestellt.
Landwirte. Lehrer.
Das Leben verdorrt.
Die Familie hat leider kein Talent, etwas aus dieser Situation zu machen.
Die Familie hat leider keine Talente, um sich aus dem Staub zu machen.
Und so bleiben sie. Not gedrungen. Ein Vater, eine Mutter, drei Töchter.
Um zu überleben, übergeben sich drei Töchter an einen, der das verkauft, was sie haben. Ihre Körper. So überleben sie. Aber es ist ein Elend.
Da kommt einer, der hat viele Talente. Gold und Gut. Er hat, weiß Gott, genug. Er kommt mit einem Schiff, voll beladen. Das Schiff legt in Myra an. Ein Zwischenstopp nur. Er hält an, steigt aus. Und er sieht die Armut, das Elend. Mit seinem Gold kann er sich hier alles kaufen. Mit seinem Gold kann er sich hier alle kaufen. So groß ist das Elend.
Er vertraut darauf, dass er aus seinen Talenten etwas machen kann. Dass er genug ist, um aus sich genug zu machen. Und so verzichtet auf die Talente, die er abgeben kann. Auf das Gold. Drei Goldklumpen hat er. Und in einer dunklen Nacht wirft er die Goldklumpen in die Wohnung der armen Familie. Eins, zwei, drei. Nun hat er keine Talente mehr, für die er sich alles kaufen kann, sondern nur noch die, die er entwickeln kann. Er hat verzichtet, alles zu kaufen, was es gibt, Gott sei Dank. Viele Männer, die meisten, hätten es anders gemacht. Aber er kauft nicht, er schenkt.
So haben die, die kein Talent hatten, nun Talente. Und können das Leben anders leben. Sie können jetzt etwas aus sich machen. Sie müssen sich nicht länger verkaufen. Sie können sich kaufen, was sie brauchen. Lebensmittel – Mittel zum Leben. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Sondern auch vom Wort, von der Bildung. Und so nutzen sie die Talente, die sie bekommen haben.
Der seine Talente so verschenkt hat, das war Nikolaus. So wird es erzählt. Der seine Talente so entwickelt hat, das war Nikolaus. So wird es erzählt.
Mit seinen Talenten trägt er dazu bei, dass sich Menschen auf ein gemeinsames Bekenntnis einigen. Streit kommt an ein Ende, Versöhnung wird geschaffen. Mit seinen Talenten trägt er dazu bei, dass Kinder erzogen werden – und beschenkt werden. Er wird Bischof. Leitet Kirche. Leitet sie so, wie Christus es gewollt hat. So wird es erzählt.
Am Nikolaustag erzählen wir gelegentlich nicht nur von den süßen Geschenken, sondern auch von den harten Strafen. Da wird gefragt: hast du deine Talente gut gebraucht, hast du einen Blick für andere gehabt. Dein Essen und Trinken geteilt? Deine Türen geöffnet? Dich um Kranke gekümmert? Einsame besucht und eingeladen? Am Nikolaustag wird, ganz alltagspraktisch, in den Blick genommen, worauf Jesus unseren Blick gelenkt hat: haben wir etwas aus dem gemacht, was uns geschenkt wurde? Haben wir etwas aus unseren Talenten gemacht?
Wir sind mitten im Advent. In Zeiten, in denen auch sichtbar wird, wie talentfrei so vieles ist und so viele sind. Wenn wir Talente haben, seien es Goldklumpen oder seien es Begabungen, dann sollten wir sie nutzen. Gott will das so.
Daran erinnert uns Nikolaus. Heute. Nicht zu verwechseln mit dem Weihnachtsmann. Der will nur unsere Goldklumpen. Für sich. Nikolaus will sie nicht, nicht für sich. Nikolaus hat uns ein Beispiel gegeben. Damit wir geben, was wir haben. Für die Menschen, die Gott geschaffen hat. Für die, die manche arme Teufel nennen. Weil sie einfach kein Talent und keine Talente haben.
Im Advent sind sie es, die besonders darauf hoffen, warten, sich sehnen, dass endlich der Himmel aufgeht, ein volles Schiff kommt, dass die Not ein Ende hat. Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Erst eins. Bald zwei, drei, vier. Christus steht vor der Tür. Arm und bedürftig. Vor unserer Tür. Amen.
Psalm – Wünsche für das Leben
Gott gibt uns Menschen Wegweiser,
wenn wir die Spur verloren.
Öffnen wir nach innen unsre
Augen, unsre Ohren!
Gott gibt uns Menschen Nahrung,
wenn wir ausgehungert sind,
wenn Geist und Seele dürsten,
denn er ist uns wohlgesinnt.
Gott gibt uns ein Gedächtnis für die
Wege, die wir gingen.
In der Erinn’rung sehen wir
so vieles schon gelingen.
Gott lässt und Menschen träumen,
schenkt uns Wünsche für das Leben.
Er wird uns, was wir brauchen, gern
mit vollen Händen geben.
Gebet (gemeinsam)
Gott, mit vollen Händen erwarten wir dich.
Je leerer unsere Hände, desto größer unsere Erwartung.
Gott, mit hellem Licht erwarten wir dich.
Je dunkler unser Leben, desto leuchtender unsere Hoffnung.
Gott, mit großem Werkzeug erwarten wir dich.
Je mehr wir gefesselt und gefangen sind, desto mächtiger unser Vertrauen.
Gott, sei uns gnädig. Und verzeih unsere Ungeduld. In diesen Tagen. Komm. Einfach. Amen.
Segen
Keinen Tag soll es geben, da du sagen musst:
Niemand ist da, der mir hilft in meiner Not.
Keinen Tag soll es geben, da du sagen musst:
Niemand ist da, der mich erfüllt mit seinem Trost.
Keinen Tag soll es geben, da du sagen musst:
Niemand ist da, der mich hält in seiner Hand.
Keinen Tag soll es geben, da du sagen musst:
Niemand ist da, der mich leitet und begleitet
Auf allen meinen Wegen –
Tag und Nacht.
Sei gut behütet und beschützt.